Förderprojekte: 1.500 Euro für eine Spezialbrille als individuelle Unterstützung
Aufgrund eines Unfalls ist Monika Nölting hochgradig blendempfindlich und benötigt eine Brille mit ihrer Sehstärke für den Innenbereich sowie eine für den Außenbereich. Abgesehen von der „quälenden“ Blendempfindlichkeit, die zu weitgehenden Einschränkungen in ihrer Mobilität führt und gravierende psychische Probleme auslöst, liegt keine Augenerkrankung vor. Mit dieser Begründung lehnt die Krankenkasse die Kostenübernahme ab.
Weitere Blendungen könnten nach Aussage ihres Augenarztes und ebenfalls nach Aussage von Spezialist*innen aus der Fachberatung für blinde und sehbeeinträchtigte Menschen allerdings zur völligen Blindheit führen.
Monika Nölting hat im Juli 2022 einen Antrag auf Fördermittel aus der BSTN-Stiftung zur Finanzierung ihrer Brillen gestellt. Der Stiftungsvorstand bewilligte im August der Antragstellerin eine Fördersumme von 1.500 € (von voraussichtlich 2.500 €). In ihrem Dankschreiben schildert Frau Nölting, wie sehr sich ihr Leben durch die neue Brille zum Positiven verändert hat.
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bedanke mich für die großzügige Unterstützung durch Ihre Stiftung und möchte Ihnen einen kleinen Einblick geben in mein neues Leben, nachdem ich nun die Brillen nutzen darf.
Vorangestellt möchte ich noch einmal erwähnen, dass ich ohne Ihre Unterstützung mir diese Brillen nicht hätte leisten können. Nach einem langen Versuchszeitraum von über 2 Jahren eine Lösung für meine immer weiter zunehmende Lichtempfindlichkeit zu finden, war ich psychisch, physisch und körperlich – mehr als ich eigentlich nach Außen zugeben wollte und mehr als ich zunächst dachte – an meine Grenzen gekommen. Einkaufen, Arztbesuche, lockere Treffen hatten regelmäßig einen Vorlauf: wie ist das Wetter, wie stark scheint die Sonne, wer kann mich unterstützen.
Schon nach kurzer Zeit, wie z.B. Einkaufen des alltäglichen Bedarfs, war ich restlos erschöpft und habe eine ausgeprägte ständig wachsende Vermeidungshaltung entwickelt und mich immer weiter zurückgezogen. Ob es das Licht in den Regalen war, Nebelschlussleuchten oder das normale Abblendlicht von Autos, das Licht der Straßenlaternen oder sonstiger Reklame- und Beleuchtungsmittel oder auch die „liebe“ Sonne, die mich sogar, wenn Sie hinter mir unterging, in die Brille reflektierte und mich für Sekunden blind machte und orientierungslos.
Da ich im Rollstuhl sitze habe ich keinen Bodenkontakt, wie andere Fußgänger, und das veranlasst offensichtlich meine Gehirnwindungen Zeit und Ort für Sekunden auszusetzen. Das hat teilweise zu sehr gefährlichen Situationen im Alltag geführt, so z.B. beim Überqueren der Straße durch die Autobeleuchtung (im Rollstuhl sitze ich ja tiefer und so trifft der Lichtkegel ganz anders, als stehende Personen), auf Bürgersteigen, weil mich entgegenkommende Fahrzeuge blenden oder Sonnstrahlen von der Seite oder oben ins Auge gekommen sind. Und ich war gezwungen da stehen zu bleiben, wo ich war. Bei Bahnfahrten war es im Einstieg besonders schwierig, weil die Umstehenden ja nicht wissen konnten, warum ich plötzlich stehenbleiben musste und nicht einfach reinfahre. Ganz schlimm war es im Zug, wenn die Hell- und Dunkelphasen der „vorbeifahrenden“ Landschaft immer neue Lichtreflektionen hatten.
Mein Augenarzt verstand die Problematik und meinte auch immer, durch die neuen Überforderungen meines Auges würde es nicht besser werden, aber er konnte mir „lediglich“ die Lichtempfindlichkeit bescheinigen und die reichte nicht aus, um eine Therapiebrille zu erhalten. Von der Krankenkasse erhielt ich dann die wohl nicht ganz ernst gemeinte Auskunft „dann lassen Sie sich doch die Linse rausnehmen, dann kriegen Sie die Brille!“ Trotz attestierter ausgeprägter Lichtempfindlichkeit keine Versorgung – mir blieb nur, alle Optiker aufzusuchen und nach möglichen, für mich finanzierbaren Lichtschutzbrillen zu fragen. Durchgängig erhielt ich die Antwort, dass ich eine Einzelanfertigung benötigte, die entsprechend teuer sei.
In meiner ehrenamtlichen Arbeit und meinem privaten Leben hatte ich mich nach Corona unbewusst noch weiter zurückgezogen und versucht, alle technischen Geräte wie Computer, Handy, Leuchtmittel so umzugestalten, dass ich wenigstens zu Hause so halbwegs zurechtkam. Heute weiß ich, dass meine Sehfähigkeit durch die schlechten Kontraste massiv eingeschränkt war. Bereits hier habe ich viel Geld in die Hand genommen, um mir Erleichterung zu schaffen, die aber nicht zielführend war.
Der Pflegedienst und meine immer seltener werden Gäste meldeten mir zurück, dass es doch recht dunkel sei und man sich nicht so wirklich wohl fühle. Durch das Verdunkeln konnte ich allerdings auch deutlich schlechter sehen und meiner Psyche tat es auch nicht wirklich gut. Zu grelles Licht bereitete mir über längere Zeit aber starke Schmerzen und meine Augen entzündeten sich immer wieder neu. Ich konnte über Wochen nichts sehen, weil die Augen ständig tränten. War es aber zu dunkel war, konnte ich ebenfalls nichts erkennen.
Ich fühlte mich sehr allein gelassen und versuchte in Phasen, in denen ich etwas besser sehen konnte, mich durch meine ehrenamtliche Arbeit abzulenken. Dazu kam, dass ich seit November 2021 eine Rollireparatur in Auftrag gegeben hatte, die sich ebenfalls als sehr schwierig gestaltete. Da lag es weniger an der Kasse etwas zu genehmigen, es fehlte der Kostenvoranschlag, und es gelang mir über Monate nicht, das Sanitätshaus und die Kasse zusammen an einen Tisch zu bekommen.
Nur dem guten Kontakt in meinem ehrenamtlichen Kontext ist es zu verdanken, dass ich dann von der Förderung hörte und dadurch auch recht schnell den Kontakt zur Hilfsmittelberatung des Blinden- und Sehbehindertenverband Niedersachsens hatte. Da ich sehr oft mit Herrn Lange zusammenarbeite, war er für mich auch der Ansprechpartner, den ich nach dem zuständigen Sachbearbeiter fragte. Dort stellte ich vor, was ich suchte und wofür ich eine Lösung brauchte: Zum einen für einen Computer, der nicht so blendet, denn trotz verschiedener Einstellungen und Blaufilter saß ich immer mit verschiedenen Sonnenbrillen am Bildschirm und konnte nur sehr wenig erkennen.
Trotz Beantragung einer einstweiligen Verfügung und der Ablehnung der Krankenkasse und den bereits geschilderten unschönen Gesprächen motivierte mich Herr Schwesig als Hilfsmittel-Zuständiger und „blieb an mir dran“. Gemeinsam mit Herrn Lange ermutigte er mich, einen entsprechenden Antrag bei der Blinden- und Sehbehindertenstiftung Niedersachsen zu stellen.
Zunächst erhielt ich zwei Sehhilfen zum Ausprobieren, ob es wohl die richtigen sein könnte. Von diesem Tage an habe ich wieder Mut gefasst und war nur noch darauf fixiert, wie ich das Geld zusammenbringe. Eine Brille hätte keinen Sinn ergeben, weil ich bei voller Sonnenstrahlung nicht warten kann bis die Brille sich eindunkelt. Und an regnerischen dunkleren Tagen benötige ich eine Brille, die sich anpasst.
Inzwischen zeigt sich, dass immer noch Einschränkungen bestehen, wenn ich über längere Zeit – so ab 15 Minuten – ungeschützt der Sonne ausgesetzt bin, dann ist auch diese Brille „zu wenig“. Da braucht es dann noch zusätzlich eine Schirmmütze, aber kein Vergleich zu vorher.
Bei diesen Brillen ist es eben anders: Sie liegen nah am Auge, es gibt keinen seitlichen Lichteinfall. Es drückt nicht mehr auf den Nasenrücken, weil ich vorher oftmals zwei Brillen tragen musste. Und es war nicht mehr so dunkel, dass ich nichts mehr sehen konnte.
Schon beim Probieren der möglichen neuen Brillen hatte ich das Gefühl, mehr zu sehen.
Das Optikergeschäft machte mir ein sehr faires Angebot, dennoch hätte ich es nicht stemmen können, aber ich fasste Mut, weil ich endlich eine Lösung sah, die mir wirklich hilft. Nachdem Sie die Förderung genehmigt hatten, begann für mich ein neues Leben:
Ich erhielt die Brillen und entdeckte Dinge, die ich gar nicht bemerkt habe:
- Ich muss nicht erst nach dem Wetter schauen.
- Ich kann schmerzfrei länger lesen. Vorher 20-30 Minuten, dann verschwammen die Buchstaben und mir taten über Stunden die Augen weh oder entzündeten sich.
- Ich kann alleine unterwegs sein, ich bin selbstständiger.
- Ich sehe deutlich besser.
- Ich muss nicht ständig jemanden bitten, das Licht auszuschalten, die Jalousien runterzulassen etc.
- Ich kann rausgehen, wann und wo ich möchte.
- Es gibt nicht mehr diese Sekunden-Unsicherheit, wo bin ich, gefährde ich gerade jemanden?
- Ich bin überglücklich!
- Übrigens seit dem 8. September ist nun endlich nach fast 1 Jahr mein Rollstuhl repariert und ich darf am 16./17. September das erste Mal einen heilen Rollstuhl bei bester Sehkraft ausprobieren, ich freue mich so.
Warum schreibe ich Ihnen das alles? Ich versuche mich in Ihre Lage zu versetzen und entscheiden zu müssen, ist es gerechtfertigt, dass dieser oder jener Antragsteller/Antragstellerin die begehrte Förderung bekommt. Sie stellen sich Fragen wie: Könnten die Mittel nicht anders finanziert und von der Krankenkasse etc. bezahlt werden?
Die Krankenkasse aber hat meine Art der Lichtempfindlichkeit nur mit bestimmten anderen Erkrankungen im Hilfsmittelkatalog. Deshalb durfte der Arzt die Hilfsmittelverordnung nicht ausschreiben – und es gab keine Möglichkeit, mir nach bestehenden Gesetzen das Hilfsmittel zu genehmigen. Im Gegenteil: Es wurde sogar gesagt, ich hätte mir den teuersten Optiker herausgesucht. Einen Hinweis, wer solche Brillen preiswerter anbietet, ist mir die Kasse bis heute schuldig geblieben.
Das Sozialgericht hat die einstweilige Verfügung abgelehnt, weil es keinen Verhandlungsgrund/Hilfsmittelverordnung vorliegt. Ich hätte also keine Möglichkeit gehabt, von irgendeiner Seite Hilfe zu bekommen.
Sie können jetzt für sich selbst entscheiden, ob Sie die richtige Entscheidung getroffen haben. Ich bin überglücklich und darf nun wieder einen neuen Lebensabschnitt beschreiten und teilhaben, ja, mir sogar ein Stück weit mein Leben zurückerobern. Ich bedanke mich für die großzügige Unterstützung und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg in Ihrer Arbeit und bei Ihrer Entscheidungsfindung.
Mit freundlichen Grüßen
Monika Nölting
Förderung für Ihr Projekt
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